Einfluss der Beweidung

Die Beweidung von Obstwiesen hat viele offenkundige Konsequenzen für die Standortentwicklung. Der Einfluss auf die Bodenentwicklung wird an gegebener Stelle diskutiert. Damit haben die Weidetiere bereits eher mittelbar aber sehr erhebliche Auswirkung auf die Zusammensetzung der Bodenvegetation.

Der Verbiss der Bodenvegetation durch die Schafe ist entscheidend für die Arten der Pflanzen, die auf den Wiesen vorkommen. Wir haben die Entwicklung seit Beginn der Bewirtschaftung verfolgt – weniger analysiert. Daher können wir leider keine fundierte Dokumentation vorweisen.

Eine erste Bestandsaufnahme nach ca. 15 Jahren Bewirtschaftung / Beweidung haben Wiebke und Frauke Spannhoff in ihrer Masterarbeit geliefert. Da der Vergleich mit ähnlichen, bestenfalls unbewirtschafteten, Flächen der Umgebung nicht Gegenstand ihrer Arbeit war, lassen sich keine Rückschlüsse auf die Entwicklung ziehen.

Bei oberflächlicher Betrachtung hat sich der Eindruck verstärkt, dass die Artenvielfalt tendenziell zugenommen hat. Was sicher festgestellt werden kann ist das starke Zurückdrängen von Landreitgras. Insgesamt scheint die Bodenvegetation eine ausgewogenere Zusammensetzung aus krautigen Pflanzen und Gräsern zu besitzen. Der Anteil an Leguminosen wie Klee, Esparsette und Luzerne scheint deutlich zuzunehmen.

Nur bedingt der Bodenvegetation zuzuordnen sind die immer stärker auftretenden Pilze. Seit langem haben sich Wiesenchampignon und Parasolpilz etabliert. Doch die Vielfalt nimmt erkennbar zu. Pilze haben eine große Bedeutung für die Bodenentwicklung. Daher sehen wir diese Entwicklung mit Freude – nicht nur wegen der geschenkten Zusatzernte.

Sortenwahl

Georg Bogislav MüschenBei der Sortenwahl haben wir in erheblichem Umfang die Ratschläge des Pomologen Müschen aus seinem Buch „Der Obstbau in Norddeutschland“ berücksichtigt. Darüber hinaus sind einige neuere Sorten aus der Pflanzenzüchtung der DDR zum Einsatz gekommen. Die Vielfalt von mehr als 100 Obstsorten soll eine möglichst hohe Ertragsstabilität gewährleisten. Nicht unerheblich bei unseren Überlegungen war auch die Frage nach einer aktualisierten Prüfung der Anbauwürdigkeit der oft gepriesenen sogenannten „Alten Sorten“ im aktuellen ökologischen Kontext und Kundenerwartungen.

Streuobstanbau

Wir haben unsere Obstwiesen als „Obstgärten“ bezeichnet. Der Grund ist unsere Auffassung von dem, was eine „Streuobstwiese“ heute in den verbreiteten Ansichten der Umweltverbände ausmacht. Dieser Begriff ist, wie leider eine große Menge anderer, inzwischen sehr Ideologie beladen. Unser Ziel ist die naturnahe Produktion von Qualitätsobst als Alternative zu intensivem Obstanbau. Und das ist nur möglich, wenn es eine ausgewogene Entwicklung zwischen Ökologie und Ökonomie gibt. Was man für „ausgewogen“ hält, hängt sehr stark vom Bewirtschaftenden ab. In der Anthroposophie wird vom „Betriebsorganismus“ geredet, in dem die wirtschaftenden Menschen einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung haben.

Pflanzverband

Da wird oft davon gesprochen, dass sich Streuobstwiesen dadurch auszeichnen, dass die Bäume „verstreut“ über die Fläche verteilt sind – es gibt keine festen Pflanzverbände. Das ist bei uns nicht der Fall. Ohne Pflanzverbände, die eine einigermaßen geregelte Bewirtschaftung ermöglichen, könnten wir unsere Flächen nicht unterhalten. Die Schafhaltung wäre nicht umsetzbar, da wir nicht von Anfang an in der Baumschule erzogene Hochstämme pflanzen. Auch das gelegentliche Mulchen wäre so erheblich aufwändiger, dass es kaum zu realisieren wäre. Es würde neben dem erheblichen zeitlichen Mehraufwand zu einem wesentlich erhöhten Befahren des Bodens mit dem Traktor kommen. Es bestehen aus unserer Sicht auch erhebliche Zweifel, ob jemals heutige Streuobstwiesen mit einer solchen Maßgabe angelegt worden sind. Es erscheint viel wahrscheinlicher, dass die heute als „Streuobstwiesen“ bezeichneten Flächen ursprünglich in einem weiten Pflanzverband als „2. Produktionsetage“ auf Weide- oder Ackerflächen angepflanzt worden sind. Erst der Ausfall einer größeren Anzahl von Obstbäumen hat den Eindruck der zufälligen Verstreuung hervorgebracht. Man kann diese Wirtschaftsweise heute noch sehr gut in der Normandie in Frankreich sehen.

Pflanzabstand

Es gibt an unterschiedlichen Stellen Vorgaben für die Abstände zwischen den Bäumen einer Streuobstwiese. Diese liegen oft zwischen mindestens 8m und in der Regel maximal 12m. Das hat mit der Höhe der Bäume zu tun. Die hohen Bäume werfen weite Schatten, sollen sich aber möglichst nicht gegenseitig bedrängen. Das ist auch unser Anliegen. Nun ist es aber so, dass die Wuchshöhe des einzelnen Baumes von unterschiedlichen Faktoren abhängt. Im Allgemeinen wird bei den Erwägungen der Unterlage des Baumes eine ausschlaggebende Rolle zugeschrieben. Das ist aber nur sehr bedingt richtig. Den es gibt andere Aspekte, die von nicht geringem Einfluss sind. So spielt die Edelsorte eine sehr wichtige Rolle. Die Unterlage modifiziert die Wachstumsstärke der Edelsorte. Doch ist es ein gewaltiger Unterschied, ob ich eine stark wachsende Edelsorte verwende oder eine schwach wachsende Sorte. Ein weiterer Aspekt sind selbstredend die Standortverhältnisse. Ein guter, ertragreicher Boden wird die Bäume in andere Dimensionen wachsen lassen als ein sandiger. Die Niederschlagsmengen, ein heute schwer zu kalkulierender Faktor, spielen eine weitere, wichtige Rolle.

So lässt sich nicht verlässlich sagen, wie die Pflanzabstände im Einzelfall optimal zu wählen sind. Bei der anerkanntermaßen anzustrebenden freien Entwicklung der einzelnen Bäume ist es von großem Interesse für uns als Obstbauern, dass der Pflanzverband auf der anderen Seite möglichst dicht ist, um die wirtschaftlich notwendigen Erträge erzielen zu können.

Hochstämme

Was man in der Normandie auch sehr gut sehen kann sind die Hochstämme. Unter den Bäumen grasen die Kühe, die Stämme sind geschützt. Das ist auch unsere Herangehensweise. Nur mit dem Unterschied, dass die Bäume und das Obst für uns das Primärziel sind, die Schafe eher dienende Funktion haben. In Frankreich ist das Obst eher ein „Zubrot“ zur Rinderhaltung.

Wir wollen nicht nur Mostobst erzeugen. Die Qualität der Früchte unserer Arbeit ermöglicht auch eine Vermarktung als Tafelobst. Dieses muss per Hand gepflückt werden. Nun macht es wenig Sinn, den Ertrag in eine Höhe zu treiben, die die händische Ernte so verteuert, dass sich weniger betuchte Leute sich den Kauf nicht mehr leisten können. Es stellt sich die Frage, wie hoch muss ich die Baumkronen treiben – wie tief kann ich sie lassen. In unserem Fall ergibt sich aus der Höhe unseres Weinbergtraktors und der Fresshöhe der Schafe eine Kronenhöhe von ca. 1,70m. Für das „Lichtraumprofil“ sorgen verlässlich die Schafe.

Ein weiterer für uns relevanter Aspekt ist die Einzelstammstabilität der Bäume. Je länger der astlose Stammabschnitt ist, um so ungünstiger entwickelt sie das Verhältnis von Baumhöhe und Stammdurchmesser. In der Forstwirtschaft ist dies ein wichtiges Maß für die Einzelbaumstabilität. Den Bäumen wird Assimilationsfläche entzogen. Dazu kommt, dass die aerodynamische Stabilität des Baumes negativ beeinflusst wird. Je astreicher ein Baum ist, um so geringer ist seine Neigung sich bei Stürmen „aufzuschaukeln“. Baumpfleger wissen aus eigener Erfahrung wie sehr beispielsweise ein aufgeasteter Nadelbaum „schaukelt“.

Da es uns sehr um die Stabilität und Vitalität unserer Bäume geht, verwenden wir weit überwiegend Sämlingsunterlagen. Diese führen tendenziell zu einem hohen Platzbedarf für jeden einzelnen Baum. Um diesen Raum für die Obstproduktion optimal zu nutzen, sollen sich die Bäume mit ihren Ästen möglichst weit ausbreiten und alle möglichen Ebenen erschließen. Um dies zu erreichen schneiden wir die Bäume orientiert an dem Verfahren des Öschbergschnitts. Dabei lassen wir unsere Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus unserer jahrzehntelangen Praxis einfliessen.

Obstbaumschnitt

Die Verwendung stark wachsender Unterlagen hat einen erheblichen Einfluss auf die Bewirtschaftung von Obstwiesen. Um eine nachhaltig stabile Krone zu erziehen, sind gerade in den Jahren des starken Wachstums regelmäßige Eingriffe notwendig.

Wir haben uns von Anfang an für die Erziehung von Öschbergkronen entschieden. Im Laufe der vergangenen 20 Jahre haben wir Erfahrungen sammeln können und unsere Schnitttechnik entsprechend angepasst.

Der Baumschnitt macht dem mit weitem Abstand größten Anteil an der jährlichen Arbeit auf den Obstwiesen in Anspruch. Von November bis April nutzen wir jeden regen- und schneearmen bzw. -freien Tag zum Baumschnitt.

Wer genauere Informationen oder Ratschläge bezüglich des Obstbaumschnitts wünscht, kann sich zu den von uns angebotenen Baumschnittkursen anmelden.

Obstbäume

In der Regel besteht heute ein Obstbaum aus 2 Pflanzen: der Unterlage und dem Edelreis. Die Unterlage ist ein Obstbaum, der durch seine Wurzel mit dem Boden verbunden ist. Es gibt für unterschiedliche Standorte und Wirtschaftweisen (Plantage, Streuobstwiese) unterschiedliche Unterlagen. Diese sind auch für die Anpassung des späteren Obstbaums an den Boden wesentlich verantwortlich.

Die zweite Pflanze (das Edelreis) wird auf die angewachsene Unterlage veredelt. Dazu reicht ein Zweig oder auch nur eine Knospe eines sogenannten Mutterbaumes. Das Edelreis bestimmen dann, welche Sorte von dem künftigen Baum geerntet werden wird. Es handelt sich um eine alte Klontechnik, die sicher stellt, dass genau die Früchte geerntet werden können, die man haben will. Bei einem Apfel(-kern) kennt man zwar die Mutter, aber der Pollenspender (Vater) ist nicht bekannt. Daher kann man bei aus Kernen gezogenen beispielsweise Apfelbäumen nicht vorhersagen, wie die Früchte aussehen werden.

Wir haben uns dafür entschieden, überwiegend stark wachsende Unterlagen (Sämlingsunterlage) zu verwenden. So steht jeder Baum als Solitär auf der Fläche und hat genügend Standfestigkeit um Früchte zu tragen und den Witterungsunbilden zu widerstehen. Die Wurzeln reichen tiefer in den Boden und können so auch tiefer liegende Wasser- und Nährstoffreserven erschliessen. So hoffen wir die Versorgung der Pflanzen auch während schwieriger Witterungslagen stabil abzusichern. Das ist unser Versuch, immer häufiger aufretende, ausgedehnte Trockenphasen gut zu überstehen. Auch werden durch natürliche Erosion in tiefere Bodenschichten verlagerte Nährstoffe dem Ernährungskreislauf des gesamten Standortes wieder zugeführt.

Bodenwirtschaft

Der Boden ist eine der wichtigsten ökologischen Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion. Ob es sich um einen sandigen oder eher lehmigen Boden handelt kann kaum beeinflußt werden. Was sich sehr wohl verändern läßt ist die Bodenentwicklung.

Es gibt Maßnahmen die relativ schnell zu einer Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, soll heißen der Ertragsfähigkeit, führen. Dazu gehört die Düngung. Diese erfolgt auf unseren Flächen ausschließlich über die Schafherde. Zusätzlich werden die Flächen gemulcht, d.h. es wird der Bodenbewuchs gemäht und das Mähgut verbleibt auf der Fläche. So verbleiben wichtige Nährstoffe auf der Fläche. In Zusammenarbeit mit Bodenorganismen wie Regenwürmern wird so langfristig ein fruchtbarer und relativ stabiler Humushorizont aufgebaut. Dieser verbessert wesentlich Belüftung (wichtig auf schweren Böden) und Wasser- und Nährstoffhaltevermögen (wichtig auf leichteren, sandigen Böden).

Ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit ist der Verbleib möglichst vieler Nährstoffe auf den Flächen. Das hat für uns höchste Priorität. Es werden nur Früchte von der Fläche entfernt. Und auch nur die zur Verarbeitung geeigneten. Alles andere, wie beispielsweise Baumschnitt, Laub und Schnittgut aus der Mahd verbleiben.

Das Befahren der Flächen mit Fahrzeugen wird auf ein Mindestmaß reduziert. Bodenverdichtungen lassen sich nur sehr langfristig beseitigen, wenn sie nicht technisch herbeigeführt und nur kurzfristig wirksam sein sollen. Nasser Boden neigt noch deutlich stärker zur Verdichtung. Daher achten wir darauf, dass wir während längerer Regenperioden das Befahren wo möglich prinzipiell vermeiden.

Der Boden ist während des gesamten Jahres bewachsen. Baumscheiben legen wir nur für wenige Jahre unmittelbar nach erfolgter Neupflanzung an. Ansonsten ist der Boden ganzjährig vor Erosion durch Starkregen oder Verwehung während starker Trockenperioden geschützt.

Wirtschaftliche Nachhaltigkeit

Von grundlegender Bedeutung ist die wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Dieser Aspekt wird in der Diskussion über den Erhalt und den Aufbau von Streuobstwiesen oft nicht ausreichend berücksichtigt. Wir als Obstbaumwirtschaft sehen hier natürlich einen ganz entscheidenden Schwerpunkt. Wenn es uns nicht gelingt, wirtschaftlich tragfähig zu sein, kann die sehr kostenintensive Arbeit und Aufgabe nicht umgesetzt werden. Die im Vergleich zu einer Plantagenwirtschaft geringeren Erträge auf einer Streuobstwiese udn der wesentlich erhöhte Pflege- und Ernteaufwand beeinträchtigen die Konkurrenzfähigkeit beim Obstverkauf über den Großhandel. Deshalb erschien es uns von Anfang notwendig, die Veredlung bzw. Verarbeitung der Früchte in unserem eigenen Betrieb umzusetzen. Nur wenn Wege und Prozesse möglichst kurz gehalten werden, kommen die Vorteile einer regionalen Wertschöpfung wirklich zum Tragen.

Ziele des Obstbaus

Die Anforderungen und Aspekte, die eine nachhaltige, naturnahe Obstwiese an den Bewirtschafter stellt, sind sehr vielfältig. Unterschiedliche Zusammenhänge müssen berücksichtigt werden und beeinflussen sich gegenseitig. So spielen Boden und Klima sicher die entscheidene Rolle in der Landwirtschaft. Sie sind grundlegend für alle weiteren Entscheidungen. Sie entscheiden wesentlich über den Umgang mit Boden, Vegetation und Obstkultur (Wahl der Obstarten, – sorten, Unterlagen usw.) Man muss Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen. Das macht die Individualität eines jeden Betriebes aus. In der anthroposophischen Landwirtschaft spricht man vom Betriebsorganismus. Unter dem Betriebsorganismus versteht man die Gesamtheit der auf die Entwicklung eines Betriebes Einfluß ausübenden Faktoren. Neben Boden und Klima spielt der Umgang mit der Bodenvegetation und dem Boden, die natürlich vorhandene Fauna, die Wahl der Obstbäume, evtl. eingeführte Tierhaltung und vieles Andere eine Rolle. Aber ganz entscheidend ist auch die Persönlichkeit des Bewirtschafters, da von diesem viele Aspekte beeinflußt werden.

Um diesen Organismus am Laufen zu halten ist es aber natürlich auch notwendig, wirtschaftliche und technologische Erwägungen mit hoher Priorität zu berücksichtigen. Viele Streuobstprojekte scheitern an diesem Aspekt. Für uns ist er entscheidend für den nachhaltigen Erfolg unseres Versuches, Streuobstwiesen wirtschaftlich erfolgreich zu erhalten.